


Nein, „cyber“ war mein Cyber-Montag nun wirklich nicht. Im Gegenteil; er war so analog wie ein Montag es nur sein kann- von diesem Post hier mal abgesehen. Zwei geschlagene Stunden habe ich draussen im Garten mit meiner Kleinsten gewerkelt, unterbrochen nur von einem strammen Spaziergang Richtung Kindergarten, wo wir das Kindergartenkind (das nachmittags ohne auch nur ein Tränchen fast lachend in der Kindergarten-Tür verschwand) abgeladen und dann auch wieder abgeholt haben. Gemistet habe ich, was ich eigentlich sogar richtig gerne mache, vor allem weil es so schön ist, den Meerschweinchen wieder ein gemütliches und nach Stroh und Heu duftendes Lager zu bereiten. Das hat so was Nestbauerisches, das meinem mütterlichen Trieb sehr entgegenkommt. Die Tierchen wuseln beim Ausräumen jedes Mal ganz nervös zwischen meinen Beinen herum und wissen nicht so recht, wo sie hin sollen, weil rein können sie ja nicht, bevor nicht alles wieder an seinem Platz ist, aber draussen auf der Wiese oder in ihren kleinen Aussen-Gehege-Häuschen wollen sie irgendwie auch nicht bleiben, man könnte ja etwas verpassen… Ich muss immer lachen, weil sie so ratlos und drollig aussehen und in einem fort von hier nach dort wetzen oder mich mit grossen Augen beobachten, wie ich alte Hobelspähne aushebe und den frischen Block gemeinsam mit meiner Kleinsten lustvoll mit beiden Händen fein reibe und locker verteile. Kaum ist alles bereit und Stroh und eine dünne Schicht Heu in der Schlafhöhle ausgebreitet, kommen sie murmelnd und mümmelnd im Gänsemarsch angezottelt und erkunden sofort sichtlich entzückt ihre frisch zurechtgemachte Wohnung. Manchmal denke ich, sie freuen sich richtig über den Heuduft und die Sauberkeit (obwohl ich jeden Morgen das neues Stroh und Heu über den Hobelspähnen auslege, damit sie es auch immer trocken haben). Diese Art von Arbeit bringt mich zwar ins Schwitzen, aber am Ende sieht man doch, was man getan hat, und vor allem kommt es mir so sinnvoll vor, weil ich sehe, dass ich jemandem damit etwas wirklich Gutes tue. Meeris sind aber auch süsse Tiere, echt jetzt…
Nach den Tieren kam auch noch der Garten dran. Also Gartenplätze und -Wege vielmehr, wo es einiges zu wischen und sehr viel mittlerweile mehr braunes als goldenes Birkenlaub einzusammeln gab. Ich persönlich habe nichts gegen altes Laub am Boden. Gerade auf den Beeten und auf der Wiese hat es ganz bestimmt seinen Sinn und seinen Platz, aber meine Nachbarin, eine wirklich liebe, bereits über 90 Jahre alte Dame, gibt sich jeden Herbst solche Mühe, ihren Gartenteil sauber und laubfrei zu kriegen, und ich kann es einfach nicht mitansehen, wie der nächste Herbststurm all unsere liegengebliebenen Blätter zu ihr rüber weht und damit ihre ganze Plackerei im Nullkommanix wieder zunichte macht. Also wird auch hier gefegt. Ab und zu wenigstens. Die Arme muss schon unser Unkraut und den Lärm einer unsinnig kommunikations-freudigen Familie ertragen…
Ansonsten stand ich den lieben langen Tag in der Küche, beim Kochen (Mittags Linseneintopf, Abends Pancakes mit Ahornsirup), Abwaschen, Auftischen und wieder Wegräumen- und beim Bügeln der vielen, neuen Bügelperlen-Figuren, die meine Kinder momentan fabrizieren. Das Bügelpernenfieber scheint hier gerade epidemisches Ausmass anzunehmen. Sogar mein Mann legt mittlerweile Herzen und Sterne, und jede neue Form muss natürlich von jedem in Eigeninterpretation ausgetestet werden. Nach den Eulen sind nun Pferdchen dran. Und meine Grosse legt mit Hingabe eigene Wesen auf den einfachen eckigen oder runden Platten. Wobei mein aktueller Liebling ja der kleine Micky ist, den sie auf der Mäuseplatte zusammengepuzzelt hat. Micky Maus finde ich jetzt nicht unbedingt schön oder so, aber er erinnert mich zwangsläufig an uns, an unser Familie und all die Stunden und Jahre, die wir schon mit Donald Duck Comics verlebt haben, mit Vorlesen und Lesenlernen und Selberlesen, immer waren die Entenhausener irgendwie mit dabei, und das ist schon was wert, und wenn es nur die Erinnerung ist an das, was war…
Eigentlich wollte ich ja noch vom Licht schreiben, von der Sonne, die heute kurz ihre langen, weichen Lichtschatten in unsere Zimmer warf, und davon, wie dankbar ich bin für jedes Fitzelchen Licht und Heiterkeit. Das viele Dunkel dieser Jahreszeit macht mich jetzt schon ganz mürbe. Es wirkt so trostlos. Morgens dunkel, tagsüber düster und nachmittags um fünf bereits schon wieder tiefe Nachtschwärze. Ich merke, wie sich zwischendurch so ein unangenehm bedrückendes Gefühl einschleicht, vor allem, wenn ich zuhause bin, permanent umgeben von Wänden und Dingen. Manchmal wird mir regelrecht mulmig zumute, denn Dunkelheit und Düsternis, empfinde ich schnell einmal als unheimlich und beklemmend. Schon in meiner Kinderheit hatte ich Angst im Dunkeln. Und Angst vor dem Alleinsein. Das hat sich bis heute nicht geändert. Wovor ich mich fürchte? Keine Ahnung. Vor dem Schlechten per se vielleicht? Vor dem, was ich nicht kenne, das mich urplötzlich mit seinem Dasein überraschen könnte. In meiner Jugend hatte ich zwei ziemlich sonderbare, rational nur schwer erklärbare und für mich absolut verstörende Erlebnisse im Zusammenhang mit esoterischen Experimenten, die meine scheinbar angeborene Dünnhäutigkeit und Ängstlichkeit nur noch verstärkt haben. Wahrscheinlich habe ich auch einfach zu viel Fantasie. Sobald alle Sinne geschärft sind, hört, glaubt man rasch einmal mehr zu sehen oder wenigstens zu erahnen, als eigentlich da ist. Im Winter spitzen sich meine Ohren von ganz alleine. Meine Fühler strecken sich aus. Der Nebel verschluckt so vieles, in den Zimmern gibt es plötzlich dunkle Ecken, die Häuser scheinen voneinander abzurücken und Distanz und Isolation zu schaffen.
Ich merke schon, ich brauche mehr Gesellschaft. Und Weihnachtsfröhlichkeit. Geschäftiges Treiben, Geheimniskrämerei und lichte, beschwingte Stunden mit Plätzchenbacken und Adventsbastelei. Im letzten Jahr waren wir energiemässig und emotional praktisch alle dermassen am Ende, dass wir sogar das Weihnachtswichteln ausliessen, aber in diesem Jahr scheint es mir genau das Richtige zu sein. Glitter, Mailänderli, Kerzenlicht und Kinderstimmen gegen die Trübnis und die Schatten dieser Welt.
Ach ja, und hier noch was fürs Herz. Es gehört zum obigen Foto meines Kindergartenmädchens, das, wo sie gerade die Pflanzen giesst. Sie goss sie hingebungsvoll und in mehreren Anläufen, weil der Becher, den sie sich in der Waschküche auffüllte immer so schnell wieder leer wurde. Süss sah sie aus dabei.
„Du wirst später bestimmt mal etwas werden, wo du Sorge tragen musst zu jemandem. Also Krankeschwester oder Gärnterin oder so“, sagte ich.
Sie goss andächtig weiter und antwortete: „Oder Pflanzenfütterin.“