Manchmal finde ich mich faul und bequem. Und es ist wahr; Ich wähle am liebsten den Weg, wo ich mit geringstem Widerstand rechnen muss und quäle mich ungern ab mit Dingen, die mir nicht unbedingt nötig erscheinen oder die jemand anderes besser und schneller und vielleicht sogar gerne (?) für mich erledigen könnte (Andererseits bin ich nicht so gut im Delegieren. Ein Widerspruch eigentlich…).
Trotzdem; Seit ich Kinder habe, weiss ich, dass ich nicht wirklich faul bin. Sondern nur vernüftig. Wenn einem ein kleines Wesen rund um die Uhr buchstäblich am Körper klebt und Herz und Geist vollkommen in Beschlag nimmt, dann muss man rational umgehen mit persönlichen Ressourcen jeder Art und lernen, Kräfte, Zeit und Konzentrations-Vermögen umsichtig zu verwalten. Denn jede Verausgabung kehrt zurück wie ein Bumerang und macht einem leicht zu dem nervösen, ausgelaugten, freudlosen Wrack, das man eigentlich nie werden wollte.
Aber darüber wollte ich gar nicht schreiben heute.

Sondern über etwas ganz anderes.
In den letzten Tagen bin ich nämlich auf noch ein Argument gestossen, das gegen meine Faulheit spricht; Sobald ich kann, werde ich unheimlich aktiv und umtriebig. Wenn meine Kleine schläft (was sie selten tut), wenn die Kinder friedlich spielen (auch das ein Ereignis mit Seltenheits-Wert gerade), wenn alle ausgeflogen sind zu einer Radtour mit Herrn Kirschkernzeit oder sonstwie auf wundersame Art und Weise Ruhe und Frieden einkehrt in mein Haus: Ich pflücke mir den Moment und fange an, zu machen. Irgendwas. Stricken, Nähen, Ideen-Sammeln, Badezimmer putzen (keine gute Wahl, ich weiss), egal was, ich mache, ich stürze mich richtiggehend darauf, ganz begierig und voller Entuhsiasmus wie eine Motte, die Licht entdeckt.
Faul sein ist anders. Oder?
Wobei, eigentlich spielt das ja auch gar keine Rolle. Faulsein ist okay, finde ich, im richtigen Rahmen, am richtigen Ort und solange man sich damit nicht selber im Weg steht (oder vielmehr liegt). Einige meiner Kinder sind faul. Oder sagen wir, sie können faul sein. Richtiggehend stinkefaul. Manchmal. Zumindest wenn es darum geht, ihr Ämtli zu erledigen oder Französisch-Vokabeln zu büffeln. Auch die Hausaufgaben sind so ein Thema, überhaupt Aufgaben jeder Art…
Umso wertvoller sind für mich jene Momente, wo eines von ihnen aus völlig freien Stücken zu mir kommt und mich regelrecht um einen Auftrag bittet…

So wie Kind2, der zu mir kam und nähen wollte. Nähen auf Auftrag sozusagen. Mit so was kann man hierzulande nämlich sein Taschengeld aufbessern…
Ein Näh-Projekt zu finden für ein Kind in diesem Alter, fand ich nicht ganz einfach. Kind2 ist 7, hat nur wenig Übung im Umgang mit Nadel und Faden, und mir war klar, dass seine Begeisterung sich nicht über Stunden hinweg halten würde, sondern möglichst grosse Stiche mit relativ viel Spielraum und eher kleinem Zeitrahmen verlangte.
Ein Anfänger-Projekt also. Mit möglichst wenig Gefranse und Gefummel, genäht von Hand am besten und nicht mit der Maschine, damit er seine Arbeit jederzeit zur Seite legen und sich wieder neu darin vertiefen konnte, wann und wo es ihm gerade Spass machte.
Ach ja; Und nützlich sollte es sein. Erst noch.
Hm…

Die Antwort war einfach, herzlich einfach und so klar; mit einem schlichten Nadelkissen aus Filz, schön bunt und völlig unbeschwert gestaltet, wird alles gut, egal wie viel Zeit, Lust und Energie gerade zur Verfügung stehen. Filz ist so ein dankbares Material. Es franst nicht, und seine leuchtenden Farben umgarnen einen wie Schmusekätzchen. Keiner kann da widerstehen, nicht einmal das faulste meiner Kinder in seinem allerfaulsten Moment wahrscheinlich.
Kind2 jedenfalls machte nicht nur eines, sondern gleich zwei dieser süssen, einfachen Nadelkissen, und das will wirklich etwas heissen…
Die Filz-Kreise zufür hat er mit einem unserer unzähligen Einmach-Gläser vorgezeichnet und dann mit der Schere zugeschnitten. Kleine Patzer und Unebenheiten sind überhaupt nicht schlimm, ehrlich nicht, ganz im Gegenteil; ich finde, sie verleihen diesem Kinder-Nadelkissen genau den Charme, den man eben nicht kaufen kann. Den haben nämlich nur selbstgemachte Dinge, und Kinder-Kunst-Werke ganz besonders. Keine Bange also, wenn ihr einem Kind Filz und Schere in die Hand drückt: Das meiste wird später durch die körnige Füllung von Leinsamen, Lavendel und getrockneter Minze ohnehin ausgelichen, und wenn Dellen und Eckchen bleiben, dann kann das entweder nachgeschitten werden oder man lässt Kinder-Hand-Werk Kinder-Hand-Werk sein und freut sich dran.

Zusammengenäht sind die beiden Kreise mit auf zwei, drei Fäden ausgedünntem Stickgarn in schön knalligem, kontrastierendem Pink beim ansonsten monochrom blauen und mit sattem Grün beim grün-dunkelblauen Nadelkissen. Kind2 mag es ruhiger, auch in seiner Farben-Wahl, ausserdem hat er mich mitwählen lassen („Schliesslich sind es ja deine Nadelkissen“), und ich bin da genau wie er, eher zurückhaltend und harmoniebedürftig, daher auch die sanften, türkisblauen Knöpfe („Jim Knopf“ vom Strickcafe). Aber Filz kommt in so vielen brillianten Farbschattierungen daher, dass man so richtig in frischen, fröhlichen und auch mal gewagten Kombinationen schwelgen könnte… Rubinrot und sattes Violett zum Beispiel mit Apfelgrünem Faden? Warum auch nicht? Und dazu ein richtig knalliger Knopf. The Sky’s the limit.

Nach dem Zusammennähen kommen Leinsamen (manchmal vermischt mit etwas Vogelsand), getrocknete Lavendelblüten, etwas Pfefferminze und eine Handvoll Stoffwolle ins Kissen. Kräuter und Wolle gebe ich immer erst gegen Ende hinzu und stopfe sie oben ein bisschen fest, so dass ganz unten am Nadelkissen-Boden hauptsächlich Leinsamen liegen. Die sind schwerer und geben schön Halt. Und oben duftet es herrlich, wenn die Nadelspitzen reinpieksen. Betörend und sinnlich, zum Drangewöhnen.
Die feinen, kleinen Labels von Strickimicki (erhältlich ua. auch im Strickcafe) fand ich so toll, dass sie einfach auch noch mit drauf mussten (okay, das Annähen hab‘ ich hier übernommen). Genauso wie die beiden „Jim Knopf“-Knöpfe, Knöpfe, die mir schon so vertraut und lieb geworden sind, dass ich mich manchmal frage, ob ich wohl jemals irgendwo wieder andere Knöpfe annähen werde…

Was ich am allerschönsten finde an den beiden Filz-Nadelkissen meines Jungen? Das herrlich griffige Material? Die satten Farben? Der Duft von Lavendel und Minze? Ihre Schlichtheit? Oder dass er sie gemacht hat, echtes Kinder-Hand-Werk aus der Hand meines Kindes?
Ein bisschen von allem, denke ich. Oder Alles zusammen.
Mit viel Liebe selbst gemacht. Das ist wohl das Beste an allem.