Oh, eure Reaktionen auf unser alltägliches Familien-Chaos haben mich mal wieder überwältigt! Vielen Dank! Ich bin echt froh, zu lesen, dass es vielen von euch so geht; an manchen Tagen sind wir gelassen und irgendwie wohl auch zentriert genug, um über Bauklötze und Co. zu steigen und auch mal die zweite rot-blau geringelte Socke 5 Minuten länger zu suchen, und wir lassen vielleicht sogar die Nachbarin auf einen netten Schwatz herein, während wir an anderen Tagen keiner Menschenseele unseren Haushalt zumuten würden- nicht mal uns selbst…

Ich bin die Älteste von 8 Kindern, und ein paar Jahre lang waren beide meiner Eltern berufstätig. Wir lernten früh, mitanzupacken, vor allem in der Kinderbetreuung, aber auch in den wichtigsten Hot Spots des Hauses, in der Küche, dem Wohnzimmer, im Treppenhaus (Stellt euch mal all die vielen Schuhe vor!)… Es gab viel zu tun. Immer. Sehr viel. Und ganz egal wie sehr wir uns anstrengten oder wie lange meine Mama auch vor den Bergen von Kinderwäsche stand; es nahm niemals, wirklich niemals ein Ende. Kaum war das eine Zimmer schön hergerichtet, sah das andere wieder zum Fürchten aus und selbst die sauberste Küche wurde wieder mit schmutzigen Tellern zugestellt, wenn unsere kleine Bande sich übers Essen hergemacht hatte… Ich erinnerte mich an viel, viel, viel Chaos, ans Mit-Helfen -oh ja!- an nicht ganz so viele vogel-freie Nachmittage in der Badi, wie meine Schulfreunde sie vielleicht hatten- aber ich erinnere mich auch an diese ganz andere Art von Freiheit, in der wir grosswerden durften.

Ein bisschen so wie es Rita vom „MitHandUndHerz-Blog“ auch beschrieben hat in ihrem letzten Comment bei mir (Ja, geht nur rasch Comments-nachlesen, es lohnt sich!); Meine Mama liess uns Kinder einfach leben, Kind-Sein bei allem Ein-Gespannt-Sein ins Familien-Gefüge. Ihr Haus war unser Haus. Wir durften basteln, werken, Hütten-Bauen mitten im Wohnzimmer, wir konnten selber Kuchenbacken, bei Bedarf auch dreimal am Tag (Tatsächlich hatte ich mit etwa 11 Jahren so eine Phase, in der ich beinahe sämtliche Torten aus dem Betty Bossi KuchenCakesundTorten-Buch nachbuk). Wir legten hinter dem Haus mitten im Rasen einen Kinder-Garten für Schmetterlinge an und durften uns ziemlich viele Haustiere halten, auch Exotischere, wie Geckos, Nymphensittiche oder die Qualquappen, die wir in einer Pfütze gefunden hatten (und die wir später dann alle zusammen im nahen Baggerweiher in die Freiheit entliessen). Platz dafür gab es immer. Wir spielten Restaurant in einer Küche, wo wir schalten und walten konnten wie kleine Könige- auch wenn dann vielleicht abends zu den Erdbeeren der Rahm fehte…

Ich erinnere mich an sehr viel Arbeit, aber auch an sehr viel Kinder-Freiheit.
Meine Mama hat mir gezeigt, wie vieles möglich ist, wie viele Freude und Kreativität und … ja… Gelassenheit, wenn man seine Prioritäten da setzt (und sitzen lässt!), wo man sie wirklich aus tiefstem Herzen setzen möchte. Egal, was die Nachbarn sagen, egal wie hübsch die Bilder in Wohnzeitschriften auch aussehen, egal wie „anders“ die eigene Mutter (oder Schwieger-Mama) ihren Haushalt auch geführt haben mag: Wir sind jetzt hier der Boss. Königinnen über unser Leben *zwinker*.

Und natürlich stimmt dieses Prinzip auch für alle, die eine harmonische Umgebung ehrlich brauchen, um sich wohl zu fühlen. Auch Dinge wie Struktur, Ordnung und Schönheit sind Prioritäten, die man setzen darf und unbedingt muss, wenn sie einem am Herzen liegen- und manchmal tun sie das ja auch bei mir, muss ich zugeben. Manchmal brauche ich einfach einen stillen, sauberen Raum, um wieder ins Lot zu kommen, manchmal halte ich es kaum auch, weil ich das Gefühl habe, nirgendwo mehr auf einen verlässlichen Plan zu stossen, manchmal bin ich verblüfft, wie viel Energie nur schon vollstädnig abgeräumter und blank geputzer Tisch mit einer einzelnen, schönen Blüte aus dem Garten frei zu setzen vermag…
So ist wohl das Leben; Unkontrollierbar, immer im Wandel und sehr, sehr oft auch widersprüchlich. Aber immer echt. Genau wie wir Menschen.
Warum ich euch das alles schreibe? (Und was um Himmels Willen haben diese Patchwork-Bilder hier zu suchen???)
a) Weil es Spass macht, ein Stückchen Vergangenheit mit euch zu teilen, vor allem nach den vielen, ehrlichen Kommentaren von euch, die mir so viele Einblicke schenken in euer Leben und b) weil ich neulich auf ein kleines Projekt gestossen bin, das irgendwie dieses Prinzip von … Gelassenheit inmitten von Chaos ganz wunderbar bildlich darstellt für mich:

Das „Nappy Scrap Pillwo“ aus dem Buch „Handmade Beginnings“ von Anna Maria Horner. Designt für schlaflose Baby-Nächte und müde Mamas.
Als Mutter von 6 Kindern verblüfft mich diese Frau immer wieder in ihrem Blog und auch in ihrer Arbeit als Textil-Designerin: Wie viel Leichtigkeit sie ausstrahlt! Wie viel Authenzität und Wärme und Familien-Sinn! Mich wirft das jedes Mal um (ganz im positiven Sinne). Sie schafft es, sich selbst treu zu bleiben, sich ihren Platz zu suchen und zu nehmen und gleichzeitig ein wunderschönes, harmonisches Nest zu schaffen für sich und ihre Familie (zumindest sieht es so aus für mich). Wie eine Nabe im sich ständig drehenden Rad. Chaos rundherum, aber da ist ein Mittel-Punkt, der stabil bleibt. Verlässlich. Zentriert. In sich ruhend.
Hier liegt die Kraft. Hier wird alles zusammengehalten.

So sehe ich ein bisschen meine Rolle als Mutter. Und so sehe ich ein wenig dieses Kissen. Egal wie viel sich rundherum auch drehen mag, alles zeigt auf ein Zentrum hin, als würde es sagen; „Du bist wichtig. Nimm dir Zeit für eine Pause. (Für ein Schläfchen gar?) Lass die Kinder wirken und werken und die Welt sich mal drehen. Ohne dich.“
Ja, das brauche ich. Diese Zeit, nur für mich. Diese Momente -oder manchmal auch handfestere Dinge wie ein neues Näh-Buch oder ein neues Kleid– die einzig mir gehören. Und ich brauche es, dass mir das immer mal wieder jemand sagt: Du bist wichtig. Du darfst dir gut tun.
Ein wunderbarer kleiner Erinnerer, so ein Kissen, nicht wahr?
Und ein ziemlich bequemer noch dazu.